Folgenkonvergenz begreifen
Der Begriff der Konvergenz von Folgen ist ein essentielles Konzept der Mathematik, dass die Grundlage für beinahe alle weiteren formalen Betrachtungen bildet. Selbst im alltäglichen Umgang spricht man davon, dass etwas "gegen null geht". Konkretere Beispiel für Folgend sind u.a.
- die Substratkonzentration im Laufe einer chemischen Verdünnungskolonne,
- die Größe der Kaninchenpopulation auf einer Insel, oder
- das Guthaben auf einem verzinsten Sparkonto.
Im Folgenden betrachten wir Folgen von reellen Zahlen. Eine solche Folge notieren wir als \((x_n)_{n=1}^\infty\), wobei für jedes i durch \(x_n\) eine reelle Zahl bezeichnet wird. Diese Definition, sowie die folgende Definition von Konvergenz, sind recht abstrakte Begriffe. In allen Anwendungen sind zusätzliche Informationen über die \(x_n\) bekannt. Beispielsweise kann die Folge explizit gegeben sein durch \(x_n = n^2\) oder \(x_n=1/n\). Ebenfalls häufig sind rekursive Folgen, z.B. \(x_{n+1} = 0.5 x_n + 1\).
Da Folgen beliebige Gestalt annehmen können interessiert man sich dafür, wie sich \(x_n\) für große Werte von n verhält. Werden die Werte \(x_n\) sehr klein, nähern sie sich vielleicht einem Wert x an? Oder wird \(x_n\) sehr groß? Eventuell oszillliert \(x_n\) zwischen zwei Werten, oder aber die Folge verhält sich komplett chaotisch. In der Applikation weiter unten finden Sie Beispiele für alle diese Möglichkeiten.
Konvergenz beschreibt dabei das Verhalten, dass die Folge sich einem Wert x immer stärker annähert. Formal definiert man dies wie folgt.
Definition: Eine Folge \((x_n)_{n=1}^\infty\) konvergiert gegen einen Grenzwert \(x\in\mathbb{R}\), wenn zu jedem \(\epsilon>0\) ein \(N=N(\epsilon)\) existiert, so dass \( |x_n-x| < \epsilon\) für alle \(n>N \) gilt.
Der Grenzwert x in dieser Definition ist der Wert, dem sich die Folge intuitiv annähert. Konkret nähert sie sich bis auf Genauigkeit \(\epsilon\) an. Folgende Punkte sind hervorzuheben:
- Die Genaugkeit \(\epsilon\) darf beliebig klein sein. D.h. die Folge nähert sich an \(x\) beliebig gut an. Im Gegenzug kann es natürlich sein, dass \(|x_n-x|<\epsilon\) erst sehr spät, d.h. für große Werte \(n\) gilt. Daher darf die Schranke \(N\), ab der die Approximation bis auf \(\epsilon\) exakt ist, auch von \(\epsilon\) abhängen: kleines \(\epsilon\) führt zu großem \(N=N(\epsilon)\).
- Die Ungleichung \(|x_n-x| < \epsilon\) muss für alle hinreichend großen n gelten. Insbesondere reicht es nicht, wenn \(x_n\) sich abwechselnd an \(x\) annähert, und dann wieder Abstand nimmt. Im letzteren Fall spricht man von einem Häufungspunkt der Folge, nicht aber von einem Grenzwert.
Um die Definition der Folgenkonvergenz besser zu verstehen, betrachten wir das folgende interaktive Beispiel.
Die verschiedenen Folgen beschreiben unterschiedliche Phänomene. Beide oben beschriebenen Punkte lassen sich erkennen: Für ein kleines \(\epsilon\) liegen die Folgenglieder erst später im markiertern Bereich. Wenn der Wert für \(x\) nicht stimmt, liegen für große \(n\) und kleines \(\epsilon\) nicht mehr alle Folgenglieder im markierten Bereich.
Versuchen Sie zu erklären, welche der Folgen konvergieren und welche dies nicht tun. Woran liegt das jeweils?
Um Konvergenz mathematisch schlüssig nachzuweisen ist natürlich ein formaler Beweis nötig. Wenn Sie das tun möchten, finden Sie unten die zur Erzeugung der obigen Folgen verwendeten Formeln.
- \(x_n = 1/n\)
- \(x_n = (-1)^n\)
- \(x_n = 0.3+\frac{1}{n \sin(n)}\)
- \(x_n = n^2\)
- \(x_n = \sin(n)\)
- \(x_n = \frac{\cos(n)}{\sqrt{n}}+0.1\)
- \(x_n =0.9^n\)
- \(x_n =0.995^n-0.2\)
- \(x_n = \log(n)/8+0.1\)
- \(x_n = \begin{cases} \frac{1}{n} + \frac{33.5}{n},&\text{falls } n \mod 77 = 0 \\ \frac{1}{n},& \text{sonst} \end{cases}\)
- \(x_n = \begin{cases} \frac{1}{n} + \frac{33.5}{n}+0.1 ,& \text{falls } n \mod (77 \lfloor \sqrt{n}\rfloor) = 0 \\ \frac{1}{n},& \text{sonst} \end{cases}\)
Weitere Informationen zu Folgen finden Sie unter anderem in unserer Online-Formelsammlung.